Checkliste: Schule
Datum
27.08.2012
Art des Beitrags
Checkliste
Eltern aufgepasst! Mitspracherecht bei Zeugnis, Noten, Schulwechsel oder Einschulung
Zeugnis und Noten: Wann ist ein Zeugnis rechtskräftig?
Die Situation:
Alle Jahre wieder – die Zeugnisse stehen an. Wie sieht es jedoch mit der Unabänderlichkeit der Noten aus - insbesondere, wenn davon die Versetzung des Kindes in das nächste Schuljahr abhängt oder die Bewertung Eltern und Schüler nicht zufrieden stellt?
Das sagt das Recht:
Es gibt keine Patentantwort. Die Halbjahreszeugnisse der Klassen 5-9 haben für den Schüler keine rechtlich verbindlichen Folgen und können daher keine Rechtskraft entwickeln.
Für alle Zeugnisse, die von besonderer Bedeutung für die Schullaufbahn und das spätere Berufsleben sind, insbesondere Versetzung und Abschluss gilt jedoch: Sie werden juristisch als Verwaltungsakte eingestuft und sind mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen. Also werden solche Zeugnisse mit der Bekanntgabe an die Eltern des minderjährigen Schülers oder an den volljährigen Schüler wirksam, können allerdings nach einem erfolglosen Widerspruch angefochten werden.
Gegen das Zeugnis soll nun Widerspruch eingelegt werden – was ist zu beachten?
- Halbjahreszeugnis: Beschwerde bei der Schule einreichen.
- Versetzung und Abschluss: gerichtlicher Rechtsschutz für Eltern und Schüler. Da es sich in aller Regel um Verwaltungsakte mit Rechtsbehelfsbelehrung handelt, muss unbedingt innerhalb eines Monats ab dem Termin, an dem das Zeugnis wirksam geworden ist, Widerspruch gegen die Entscheidung eingelegt werden. Nach Ablauf dieses Zeitraums wird das Zeugnis bestandskräftig. Bestandskraft meint, dass das Zeugnis oder die betreffende Note dann unanfechtbar ist. Wurde aber fristgerecht innerhalb eines Monats ein begründeter Widerspruch eingelegt, kann die Schule die Entscheidung überdenken. Entscheidet Sie nochmals gegen den Schüler, so kann gegen die Entscheidung Klage erhoben werden.
Gut zu wissen:
- Enthält das Zeugnis keine Rechtsbehelfsbelehrung, so verlängert sich die Frist auf ein Jahr!
- Wird nur eine für die Versetzung entscheidende Note als ungerechtfertigt angesehen, kann auch nur gegen diesen Teil des Verwaltungsaktes Widerspruch eingelegt werden.
Inwieweit müssen Lehrer eigentlich ihre Notenvergabe erläutern bzw. rechtfertigen?
Grundsätzliches:
Lehrer sind in der Vergabe der Noten an die einzelnen Prüfungsordnungen und Schulgesetze gebunden.
Schulnoten sind in diesen in aller Regel definiert, die Note „Gut“ (Schulnote „2“) in NRW soll erteilt werden, „wenn die Leistung den Anforderungen voll entspricht“. Die offene Formulierung zeigt, dass der Lehrer einen gewissen Spielraum in der Beurteilung hat.
Das sagt das Recht:
Dieser Spielraum wird auch im gerichtlichen Verfahren deutlich. Es gilt der Grundsatz, dass der Richter nicht der Prüfer sein kann und Prüfungsentscheidungen nur sehr eingeschränkt überprüfbar sind.
Beurteilungsentscheidungen sind nur daraufhin überprüfbar,
- ob Verfahrensfehler oder Verstöße gegen anzuwendendes Recht vorliegen,
- ob Lehrer von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen sind,
- ob Lehrer gegen allgemeine Bewertungsgrundsätze verstoßen haben, oder
- sich von sachfremden Erwägungen haben leiten lassen, oder
- willkürlich gehandelt haben.
Wichtig: In vollem Umfang überprüfbar sind jedoch:
- offensichtliche Fehler: Noten wurden nicht korrekt zu einer Gesamtnote zusammengerechnet
- Formfehler bei der Noten- oder Zeugnisvergabe
Schulwechsel: Wie verhält es sich mit dem Mitbestimmungsrecht der Eltern?
Grundsätzliches:
Hier geht es hauptsächlich um den Wechsel der Kinder zu einer weiterführenden Schule. Oft sind sich Grundschullehrer und Eltern nicht einig darüber, ob das Kind z.B. nun aufs Gymnasium sollte oder nicht. Die Regelungen hierzu sind von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich und unterliegen einem steten Wandel.
Das sagt das Recht:
Nach einer Reform des Schulgesetzes in NRW zum Ende des Jahres 2010 liegt die Entscheidung über die Form der weitergehenden Schule nun wieder bei den Eltern. Diese haben also nicht nur ein Mitbestimmungsrecht, sondern die tatsächliche Entscheidungsgewalt.
Gut zu wissen:
Da nun den Eltern nach einer Beratung mit den Grundschullehrern und einer entsprechenden Empfehlung die Entscheidung letztendlich selbst überlassen bleibt, kann ein Grundschullehrer durch seine Empfehlung den Besuch beispielsweise eines Gymnasiums nicht mehr verhindern.
Hat mein Kind einen Rechtsanspruch auf den Besuch der gymnasialen Oberstufe?
- Die in NRW gültige „Ausbildungs- und Prüfungsordnung Sekundarstufe I“ (APO-S I) sieht vor, dass Schüler-/innen der Haupt- oder der Realschule mit dem mittleren Schulabschluss - der Fachober-schulreife - die Berechtigung erwerben, die gymnasiale Oberstufe zu besuchen. Dies gibt den Kindern eine Rechtsposition, die notfalls auch einklagbar ist.
- Bei Schülern an Gesamtschulen ist diese Berechtigung an einen sehr differenzierten Katalog von Voraussetzungen geknüpft. Erfüllt das Kind die Voraussetzungen, so hat es einen Anspruch auf Besuch der gymnasialen Oberstufe.
Hat mein Kind einen Rechtsanspruch auf einen Platz an der Wunschschule?
Die Situation:
Jedes Jahr aufs Neue kommt es zu Ablehnungen der Aufnahme von Kindern an weiterführenden Schulen der Sekundarstufe I. Kinder, die eine Schulformempfehlung für eine bestimmte Schulform haben, werden dennoch nicht an der Wunschschule aufgenommen. Kann man sich dagegen mit Aussicht auf Erfolg wehren?
Grundsätzliches:
Ja, man kann! Auch hier sind die gesetzlichen Regelungen sehr ausführlich: Zunächst einmal kann eine Schule einen Schüler, der die formalen Voraussetzungen für die entsprechende Schulform erfüllt, nur dann ablehnen, wenn die Anzahl der Anmeldungen die Aufnahmekapazität übersteigt. Ist dies der Fall, so kann der Schulleiter anhand eines vorgegebenen Kriterienkatalogs die Entscheidung über die Aufnahme des Kindes im Vergleich mit anderen Kindern treffen.
Dazu gehören:
- Geschwisterkinder,
- ausgewogenes Verhältnis von Mädchen und Jungen,
- ausgewogenes Verhältnis von Schülerinnen und Schülern unterschiedlicher Muttersprache,
- in Gesamtschulen Berücksichtigung von Schülerinnen und Schülern unterschiedlicher Leistungsfähigkeit (Leistungsheterogenität),
- Schulwege,
- Besuch einer Schule in der Nähe der zuletzt besuchten Grundschule,
- Losverfahren.
Das sagt das Recht:
Lassen sich Ungleichbehandlungen bei der Aufnahme der Schüler aufdecken, so kann gegen diese geklagt werden. Allerdings gibt es eine wichtige Ausnahme: Ist für die betreffende Schule ein so genannter „Schuleinzugsbereich“ definiert worden und wohnt das Kind außerhalb dieses Raumes, so darf die Schule das Kind in aller Regel – auch hier gibt es Sonderausnahmen – ablehnen. Zudem ist wichtig, dass das Verfahren als sogenanntes „Eilverfahren“ geführt wird: Ist ein anderes Kind, das die Kriterien nicht erfüllt, erst einmal rechtskräftig an einer Schule angenommen, so kann es nicht mehr zugunsten des eigenen Kindes von dieser entfernt werden.
Wie kann ich gegen die Feststellung des sonderpädagogischen Förderbedarfs vorgehen?
Grundsätzliches:
Sonderpädagogische Förderung kann nach dem Schulgesetz NRW zum einen von den Eltern, anderer-seits aber auch von der Schule selbst beantragt werden. Nicht selten werden von Lehrern schulische Leistungsdefizite als Entwicklungsstörungen des Kindes interpretiert. In diesen Fällen wird dann beantragt, das Kind einer sonderpädagogischen Behandlung zuzuführen. Allerdings entscheidet nicht die Schule, sondern die Schulaufsichtsbehörde als Kontrollorgan über diesen Antrag, nachdem sie – das ist zwingende Voraussetzung – ein sonderpädagogisches und ein medizinisches Gutachten über den Zustand des Kindes eingeholt und die Eltern in den Entscheidungsprozess mit eingebunden hat.
Das sagt das Recht:
- Da diese Gutachten für das Kind mit einer weitreichenden Rechtsfolge behaftet sind, kann die Entscheidung über den sonderpädagogischen Förderbedarf des Kindes von einem Verwaltungsgericht überprüft werden.
Wichtig: Innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung samt Rechtsbehelfsbelehrung muss Klage erhoben werden, ansonsten droht die Entscheidung bestandskräftig zu werden!
Kann ich frei entscheiden, auf welche Grundschule ich mein Kind schicke?
Das sagt das Recht:
- Die Entscheidung über die „richtige“ Grundschule für ein Kind dürfen die Eltern selbst treffen.
- Ein Kind hat sogar einen gesetzlichen Anspruch auf die Aufnahme in die seiner Wohnung nächstgelegene Grundschule, wenn die Aufnahmekapazität der Schule es zulässt.
- Dieser Anspruch berechtigt zum Vorzug des jeweiligen Kindes vor anderen Kindern, deren Wohnort gegebenenfalls einer anderen Grundschule näher ist.
- Hat eine Grundschule freie Kapazitäten, so kann sie alle Kinder aufnehmen, wobei Kindern mit Wohnsitz in der Gemeinde generell Vorrang gegeben wird. Darüber hinaus kann Schulleiter oder Schulleiterin nach verschiedenen Kriterien (z.B. Geschwisterkinder, Schulwege etc.) im Rahmen der Aufnahmekapazität weitere Kinder aufnehmen.
Gut zu wissen:
Die Sprengelpflicht, also die Pflicht eines Grundschülers, eine Grundschule in einem vorgegebenen Stadtbezirk zu besuchen, ist in NRW im Schuljahr 2008/2009 durch eine Neufassung der gesetzlichen Grundlagen abgeschafft worden – Eltern und Kinder in NRW können ihre Grundschule frei wählen.
Wichtig:
Möchte man sein Kind auf eine Grundschule in einer anderen Gemeinde schicken, so hat man dort keinen Rechtsanspruch auf einen Platz – durch den Schutz der Kinder der eigenen Gemeinde besteht für außerhalb dieses Gebietes wohnhafte Kinder kein Anspruch auf Einschulung in einer solchen Grundschule.
Vorgehensweise bei Widerspruch gegen Verwaltungsakte:
Das Schulrecht ist ein Untergebiet des Verwaltungsrechtes. Auf Grund der kurzen, einmonatigen Frist, nach der Verwaltungsakte bestandskräftig werden, sollte bei belastenden Entscheidungen der Schule frühestmöglich ein Rechtsanwalt, der sich in den Feinheiten des Verwaltungsrechts auskennt, beauftragt werden. Da der Widerspruch in der Regel auch sinnvoll begründet werden sollte, empfiehlt es sich zudem, den Rechtsanwalt rechtzeitig zu konsultieren.
Gut überlegen!
Eine Beschwerde gegen eine Entscheidung der Schulbehörde ist sinnvoll, wenn Sie sich oder Ihr Kind auch nach reifer Überlegung zu Unrecht behandelt fühlen - dann sollten Sie die verschiedenen Möglich-keiten ausloten. Hilft ein zeitnahes (!) Gespräch mit dem Fachlehrer oder der Schulleitung nicht, so sollten die Erfolgsaussichten einer Beschwerde oder eines Widerspruchs von einem erfahrenem Rechtsanwalt überprüft werden.
Achtung: Dokumentieren Sie lückenlos alle Schreiben, Vorfälle, Prüfungen ... - so kann der Rechtsanwalt größtmögliche Wirkung erzielen.
Unser Tipp:
Wenn Sie Fragen haben oder gerade Widerspruch gegen eine Entscheidung von Lehrern oder Schulleitung einlegen wollen – ein Anwalt an Ihrer Seite ist eine neutrale Person, die Sie fachlich und persönlich unterstützen kann, wenn es Ihnen besonders wichtig ist, dass Ihre Interessen durchgesetzt werden.