Sie befinden Sich hier: 
Rechtstipp
3 min
18.07.2025

Auto weit unter Wert gekauft: Wann ist ein Vertrag sittenwidrig?

Vertragsunterzeichnung mit Unsicherheit – rechtliche Prüfung erforderlich

Kann man ein fast neuwertiges Auto für nur einen Bruchteil des Marktwerts kaufen – und das auch noch von einem schwerkranken Menschen? Genau mit dieser Frage mussten sich die Richter am Oberlandesgericht (OLG) Celle befassen. Ein Mitarbeiter eines Seniorenheims hatte einem betagten und schwer erkrankten Bewohner einen hochwertigen Mercedes für gerade einmal 5.555 Euro abgekauft – obwohl das Fahrzeug einen Marktwert von über 52.000 Euro hatte. In ihrem Urteil vom 14.04.2025 (Az. 6 U 27/24) stellten die Richter wichtige Maßstäbe für die Grenzen der Vertragsfreiheit auf – und legten dar, wann ein Geschäft sittenwidrig ist.

Verkauf eines 52.000-Euro-Mercedes für nur 5.555 Euro – Was war passiert?

Ein 86-jähriger Heimbewohner, schwer erkrankt an Diabetes und einem Hirntumor, verkaufte einem Heimtechniker seinen Mercedes Benz E 300 für nur 5.555 Euro. Der Angestellte zahlte 555 Euro an und verlangte später vom Nachlasspfleger des zwischenzeitlich verstorbenen Bewohners die Herausgabe des Wagens – ohne Erfolg. Der Nachlasspfleger verweigerte die Übergabe des Autos. Der Käufer klagte daraufhin vor dem Landgericht (LG) Lüneburg.

Kaufvertrag mit Schenkungscharakter führt laut LG zur Formbedürftigkeit

Die Klage des Käufers vor dem LG Lüneburg blieb erfolglos. Ein Herausgabeanspruch wurde mit der Begründung abgelehnt, dass das zugrundeliegende Geschäft aufgrund seines Schenkungscharakters einer notariellen Beurkundung bedurft hätte. Eine solche lag jedoch nicht vor. Der Käufer legte Berufung beim OLG Celle ein.

Richter entscheiden über Autoverkauf: Wann ist ein Geschäft wucherisch?

Die Richter des zuständigen Zivilsenats stimmten dem Ergebnis der Vorinstanz zu, begründeten ihre Entscheidung aber anders. Der Kaufvertrag sei gemäß § 138 Abs. 1 BGB sittenwidrig. Entscheidend sei das krasse Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung – also zwischen dem gezahlten Kaufpreis und dem tatsächlichen Wert des Fahrzeugs.

Hinzu kämen die persönlichen Umstände des Verkäufers. Dieser sei schwer krank, erkennbar geschwächt und damit in seiner Entscheidungsfähigkeit potenziell beeinträchtigt gewesen. Der Käufer kannte sowohl den Gesundheitszustand als auch das enorme Preisgefälle – die Richter sahen darin eine verwerfliche Gesinnung. Die sogenannte „Wuchergrenze“ sei damit überschritten, der Vertrag sittenwidrig und somit nichtig.

Unwirksamer Vertrag? Rechtsanwalt in Wuppertal prüft Ihre Ansprüche

Das Urteil des OLG Celle zeigt: Wer sich einen extremen Preisvorteil auf Kosten eines offensichtlich geschwächten Vertragspartners verschafft, riskiert die Nichtigkeit des Geschäfts. Ein auffälliges Missverhältnis zwischen Preis und Leistung kann – insbesondere bei Senioren, Pflegebedürftigen oder Schwerkranken – schnell zur rechtlichen Stolperfalle werden.

Haben Sie Zweifel an der Wirksamkeit eines Vertrags? Oder möchten Sie als Angehöriger oder Nachlasspfleger klären lassen, ob ein Geschäft zu Unrecht zustande gekommen ist? Unsere erfahrene Rechtsanwältin für Mietrecht Anna-Sophie Böttcher steht Ihnen mit fachlicher Expertise im Vertragsrecht zur Seite. Rufen Sie uns an (0202 245 67 0) oder nutzen Sie unsere unverbindliche Online-Beratung, um Ihre Rechte zu sichern.

Sie haben Fragen?

Stellen Sie mir Ihren Fall unverbindlich vor.

Anna-Sophie Böttcher
Rechtsanwältin

Veröffentlichungen
Nachrichten & Rechtstipps

Rechtstipp
Mietminderung bei Schimmel – was mieter wissen sollten
Rechtstipp
Mieterhöhung nach Modernisierung – Grenzen und Pflichten des Vermieters
Rechtstipp
3 min
Haustiere in der Mietwohnung: Darf der Vermieter Hund oder Katze verbieten?
Rechtstipp
Abfindung – (wann) besteht ein Anspruch?