In den vergangenen Monaten sind zahlreiche ehemalige Betreiber von Corona-Testzentren von Rückforderungsbescheiden überrascht worden. Die Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) und andere zuständige Stellen verlangen hohe Summen zurück – oft für Leistungen, die bereits vor Jahren erbracht und zunächst auch problemlos abgerechnet wurden.
Diese Rückforderungen betreffen vor allem Vergütungen für erbrachte Testleistungen oder Materialkosten. In vielen Fällen geht es um fünfstellige Beträge – eine erhebliche Belastung für ehemals engagierte Betreiberinnen und Betreiber, die während der Pandemie schnelle Hilfe geleistet haben.
In dieser Situation stellen sich viele Fragen: Muss ich wirklich alles zurückzahlen? War die damalige Abrechnung tatsächlich fehlerhaft? Und lohnt es sich überhaupt, rechtlich gegen einen solchen Bescheid vorzugehen?
Die Rechtslage ist komplex – und nicht jede Rückforderung ist automatisch berechtigt
Die KVen stützen sich bei Rückforderungen häufig auf Dokumentationslücken oder auf Differenzen zwischen gelieferten und verbrauchten Test-Kits. Auch formale Fragen wie die Einhaltung von Preisobergrenzen oder die korrekte Anwendung der Testverordnung (TestV) spielen eine Rolle. Das führt dazu, dass viele Rückforderungsbescheide auf den ersten Blick nachvollziehbar wirken – insbesondere für Laien ohne juristische Begleitung.
Gleichzeitig ist aber zu beachten, dass sich die Rechtslage während der Pandemie mehrfach geändert hat. Die TestV wurde regelmäßig angepasst, und es war für viele Betreiber nicht leicht, stets auf dem aktuellen Stand zu bleiben. Außerdem wurden vielfach Maßnahmen im Vertrauen auf mündliche oder schriftliche Auskünfte der Gesundheitsämter getroffen – etwa zur Beschaffung von Test-Kits oder zur Abrechnungsvorgabe.
Daher lohnt sich eine genaue rechtliche Prüfung: Wurde der richtige Zeitraum angewendet? Galt die zitierte Regelung damals überhaupt schon? Hat die Behörde ihr Ermessen korrekt ausgeübt – oder den Vertrauensschutz übergangen?
Urteil des VG Augsburg macht Mut: Rückforderung in fünfstelliger Höhe aufgehoben
Dass sich ein Widerspruch oder eine Klage gegen einen Rückforderungsbescheid lohnen kann, zeigt ein Urteil des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 2. Dezember 2024 (Az. Au 9 K 23.1537). In dem Fall hatte eine Teststellenbetreiberin im Frühjahr 2023 einen Rückforderungsbescheid über rund 19.000 Euro erhalten – wegen angeblich überzogener Materialkostenabrechnung aus dem Frühjahr 2021.
Das Gericht prüfte die Rechtslage im Detail und kam zu dem Ergebnis:
- Die maßgebliche Version der TestV aus dem Frühjahr 2021 enthielt keine Rückforderungsvorschriften.
- Die Behörde stützte sich stattdessen auf allgemeines Verwaltungsrecht (Art. 48 BayVwVfG), hatte aber das gesetzlich erforderliche Ermessen nicht ausgeübt.
- Zudem habe die Klägerin nachvollziehbar auf Auskünfte der zuständigen Behörden vertraut, etwa zur Erstattungsfähigkeit vorgehaltener Test-Kits.
- Schließlich war auch die Berechnung der Rückforderung nicht korrekt, was zusätzlich zur Aufhebung des Bescheids führte.
Das Gericht hob den Rückforderungsbescheid vollständig auf und verwies ausdrücklich auf die Bedeutung des Vertrauensschutzes in außergewöhnlichen Lagen wie der Corona-Pandemie.
Dieses Urteil zeigt also: Wer sich wehrt, kann Erfolg haben. Und: Die Rechtsprechung entwickelt sich weiter – vielleicht auch zugunsten der Teststellen. Es lohnt sich daher, Rückforderungsbescheide nicht einfach hinzunehmen, sondern juristisch fundiert prüfen zu lassen.
Unser Fazit: Es lohnt sich, genau hinzuschauen
Die Situation ehemaliger Teststellenbetreiber ist komplex: Sie mussten unter hohem Zeitdruck handeln, sich laufend an neue Vorgaben anpassen – und stehen nun vor nachträglichen Kontrollen mit strengen Maßstäben. Auch die KVen stehen unter Druck, Rückzahlungen durchzusetzen und unterstellen daher oft eine pauschale Überzahlung.
Allerdings zeigt die aktuelle Rechtsprechung, dass nicht jeder Rückforderungsbescheid automatisch rechtmäßig ist. Gerade wenn:
- der fragliche Zeitraum vor Einführung klarer Rückforderungsvorschriften liegt,
- das Verhalten im Vertrauen auf behördliche Zusagen erfolgte,
- oder die Behörde ihr Ermessen nicht ausreichend dokumentiert hat,
können sich Ansatzpunkte für eine erfolgreiche Verteidigung ergeben.
Aus unserer Erfahrung wissen wir: Viele Bescheide wirken auf den ersten Blick eindeutig – halten aber einer juristischen Überprüfung nicht stand. Fristen sind dabei entscheidend: Wer rechtzeitig reagiert, kann im Widerspruchsverfahren oder vor Gericht seine Chancen wahren.
Rechtsanwalt und Fachanwalt aus Wuppertal prüft Ihren Rückforderungsbescheid
Wenn auch Sie einen Rückforderungsbescheid erhalten haben, sollten Sie dies nicht unbeachtet lassen. Das Urteil zeigt auf, dass Teststellenbetreiber durchaus Chancen haben, gegen etwaige Bescheide vorzugehen. Durch seine Erfahrung in diesem Bereich steht Ihnen unser erfahrener Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht und Strafrecht Daniel Junker zur Seite und hilft Ihnen, Ihre Rechte durchzusetzen. Kontaktieren Sie uns dazu über unsere unverbindlichen Online-Beratung oder melden Sie sich telefonisch (0202 245 67 0).