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Rechtstipp
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01.09.2021

Fehlmessungen: Einstellung von allen laufenden Verfahren mit dem Messgerät „LeivTec XV3“!

Das Geschwindigkeitsmessgerät der Serie „LeivTec XV3“ steht seit einiger Zeit erheblich in der Kritik. Erst vor kurzem konnte in entsprechenden Tests von Sachverständigen bewiesen werden, dass es bei dem Messgerät je nach Fahrzeug immer wieder zu teils gravierendem Fehlmessungen kommt, die weit außerhalb der Toleranzgrenzen für in Deutschland zugelassene Geschwindigkeitsmessgeräte liegen. Obwohl das Gerät derweil vielerorts weiterhin eingesetzt wird, haben Betroffene außerordentlich gute Chancen, dass alle laufenden Verfahren mit dem betroffenen Messgerät vor Gericht eingestellt werden.

Fehlerhafte Messungen nachgewiesen: Sogar der Hersteller rät von der Nutzung ab

Nachdem in einem breit angelegten Versuch mehrfach bestimmte Messfehler des Gerätes reproduziert werden konnten, rieten der Hersteller selbst und die physikalisch-technische Bundesanstalt (PTB) dazu, das Messgerät nicht weiter im regulären Messbetrieb einzusetzen.

Denn eigentlich müsste aufgrund der wiederholten Messungen außerhalb der sogenannten Verkehrsfehlergrenze die gesamte Bauartzulassung des Gerätes widerrufen werden, sodass sämtliche Messungen des genannten Gerätetyps per se ungültig würden. Doch trotz der bekannten Unzulänglichkeiten der Modellreihe wurde die erteilte Bauartzulassung bisher nicht widerrufen, sodass das Gerät weiterhin zum Einsatz kommt.

Juristische Folgen: Was bedeuten die Messfehler für laufende Bußgeldverfahren?

Für Betroffene, die mit dem Messgerät LeivTec XV3 geblitzt worden sind, stellt sich nun die Frage, wie sich die nachgewiesenen Falschmessungen auf laufende Ordnungswidrigkeitsverfahren auswirken. Zahlreiche Gerichte –  wie beispielsweise das OLG Saarbrücken oder das OLG Oldenburg – stellen entsprechende Verfahren mit Verweis auf die bekannten Messprobleme konsequent ein.

Andere Gerichte lassen Gutachter bestellen, welche die Korrektheit der Messung im konkreten Fall individuell bestätigen sollen. Da das Messgerät LeivTec XV3  – wie viele weitere Geschwindigkeitsüberwachungsanlagen – die Rohmessdaten nach dem Messvorgang nicht abspeichert, kommt ein Gutachter in solchen Fällen regelmäßig zu dem Ergebnis, dass ein Messfehler mangels Nachprüfbarkeit der Messung nicht ausgeschlossen werden kann. Entsprechende Verfahren enden somit nach dem „In dubio pro reo“-Grundsatz („Im Zweifel für den Angeklagten“) zumeist ebenfalls in einer Verfahrenseinstellung, bei welcher die Staatskasse die Verfahrenskosten zu tragen hat.

Zugang zu Rohmessdaten als Voraussetzung für ein rechtsstaatliches Verfahren?

Das Bundesverfassungsgericht wird sich noch im Jahr 2021 mit der grundlegenden Frage auseinander setzen, welche verfassungsrechtlichen Konsequenzen aus einer fehlenden Speicherung von Messdaten bei Geschwindigkeitsmessungen in Bußgeldverfahren folgen. Es wird davon auszugehen sein, dass das Bundesverfassungsgericht an seiner bisherigen Rechtsprechung festhält und sich für die Pflicht der Abspeicherung solcher Daten aussprechen wird, damit die Richtigkeit der Messwerte in entsprechenden Verfahren genau überprüft werden kann. Von einer Entscheidung in diesem Verfahren sind neben dem XV3 auch alle weiteren Lasermessgeräte (z.B. Poliscan Speed und  Traffistar S350) betroffen.

Geblitzt mit LeivTech XV3: Einspruch einlegen lohnt sich!

Wenn Sie kürzlich von einem Gerät der Baureihe LeivTec XV3 geblitzt worden sind, sollten Sie in Absprache mit einem erfahrenen Rechtsanwalt für Ordnungswidrigkeitenrecht Einspruch gegen den ergangenen Bußgeldbescheid einlegen und juristisch gegen die Messung vorgehen. In der aktuellen Lage sind die Erfolgsaussichten für eine Verfahrenseinstellung überdurchschnittlich hoch, da sowohl Hersteller und die physikalisch-technische Bundesanstalt als auch die Gerichte von der Problematik rund um die Fehlmessungen des Gerätes wissen. Sollten Sie zudem eine Rechtsschutzversicherung haben, gehen Sie mit einem Einspruch gegen Ihren Bußgeldbescheid keinerlei Kostenrisiko ein.

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