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Rechtstipp
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22.07.2016

Mehr Freiheiten beim Versorgungsausgleich

Neue Rechtslage vereinfacht den Verzicht und beschleunigt Scheidungsverfahren

Die Reform des Versorgungsausgleichs sei „ein weiterer Baustein für ein modernes Familienrecht“ erklärte Bundesjustizministerin Zypries anlässlich des neuen Reformgesetzes, das im September 2009 Kraft getreten ist. Zustimmung verdient diese Beschreibung insbesondere in Bezug auf die Neuregelung der individuellen Gestaltungsmöglichkeiten anstelle des gesetzlichen Versorgungsausgleichs.

Alte Regelung war kompliziert, langwierig und unpraktikabel

Der gesetzliche Versorgungsausgleich dient dem Ausgleich der während der Ehezeit von den Eheleuten erworbenen Aussichten auf eine Versorgung wegen Alters oder verminderter Erwerbsfähigkeit. Ist ein Ehepartner berufstätig und der andere nicht, so führt dies dazu, dass sich die Rentenanwartschaften des Berufstätigen in der Ehezeit halbieren. Wer hier bislang eine individuelle Regelung treffen wollte, hatte häufig ein kompliziertes und vor allem langwieriges Verfahren mit gefährlichen Fallstricken vor sich: So war z.B. eine ehevertragliche Regelung über den Versorgungsausgleich unwirksam, wenn der Scheidungsantrag schon innerhalb eines Jahres nach Vertragsschluss eingereicht wurde.

Neue Regelung sorgt für Transparenz und Zeitersparnis

Die Fallstricke des alten Rechts wurden durch die Reform weitestgehend beseitigt. So ist jetzt vor allem ein vertraglicher Verzicht auf den Versorgungsausgleich auch dann noch wirksam, wenn die Einigung über den Verzicht erst kurz vor der Scheidung erfolgte. Zu beachten ist aber weiterhin, dass der Ehevertrag der notariellen Beurkundung bedarf. Alternativ hierzu besteht auch nach neuem Recht weiterhin die Möglichkeit den Verzicht auf den Versorgungsausgleich erst während des Scheidungsverfahrens zu erklären. Im Gegensatz zum alten Recht muss das Familiengericht aber nicht mehr seine Zustimmung zum Verzicht erklären, was früher regelmäßig zur Verschleppung von Scheidungsverfahren geführt hatte, da die Gerichte ihre Zustimmung erst gegeben hatten, nachdem alle Auskünfte zum Versicherungsverlauf vorlagen.

Schnellere Scheidung durch Reform des Versorgungsausgleichs

Eigentlich nur eine Nebenfolge, die aber für die Praxis ganz erhebliche Bedeutung haben wird, ist die Beschleunigung von Scheidungsverfahren durch die vereinfachte Möglichkeit zum Verzicht auf den Versorgungsausgleich. Hintergrund ist, dass – wenn der Versorgungsausgleich nicht ausgeschlossen wurde – dieser vor der Scheidung von Gerichts wegen ausgerechnet werden muss. Dieses Ausgleichsverfahren dauert allerdings ca. 4 – 6 Monate und die Scheidung kann erst ausgesprochen werden, nachdem der Versorgungsausgleich festgelegt worden ist. Scheidungsbereite Paare, die sich für einen Verzicht auf den Versorgungsausgleich entschieden haben, können daher durch den Verzicht ihr Scheidungsverfahren um diesen Zeitraum verkürzen. Vor allem diejenigen, die sich erst im Scheidungsverfahren für einen Verzicht entschieden haben, können nach dem neuen Recht noch von der Beschleunigung durch den Verzicht profitieren, da nunmehr eine Zustimmung des Gerichts – die ebenso lange dauert, wie das eigentliche Ausgleichsverfahren – nicht mehr erforderlich ist.

Verzicht immer eine individuelle Entscheidung

Der Verzicht ist aber sicher nicht in allen Fällen anzuraten. Auch sollte der Verzicht nicht nur erklärt werden, um so die Scheidung zu beschleunigen. Aus anwaltlicher Sicht gibt es jedoch Situationen, in denen sich der Verzicht anbietet und auch angeraten werden kann. Das ist z.B. dann der Fall, wenn die Ehe nur von kurzer Dauer war, beide Ehepartner während der gesamten Ehe erwerbstätig waren und auch das Einkommen in etwa gleich hoch war.

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