Sturz über abgestellte E-Roller – Muss der Halter haften?
Datum
06.09.2024
Art des Beitrags
Rechtstipp
Am Straßenrand abgestellte E-Roller können eine Gefahr darstellen – insbesondere für Menschen mit Handicap. Ein blinder Fußgänger stürzte über zwei auf dem Gehweg abgestellte E-Roller und verletzte sich dabei. Ob der Unfall zu einer Haftung des Halters führt, hat nun das Oberlandesgericht (OLG) Bremen entscheiden müssen (Urteil vom 15.11.2023, 1 U 15/23).
Blinder Fußgänger stürzt über zwei abgestellte E-Roller: Besteht ein Schadensersatzanspruch?
Die Verleihfirma hatte zwei E-Roller auf dem 5,50 Meter breiten Gehweg rechtwinklig zur angrenzenden Hauswand parallel nebeneinander abgestellt. Die Lenker zeigten jeweils zum Gehweg. Ein blinder Fußgänger stürzte über die zwei E-Roller. Er habe sich bei gemäßigtem Tempo mit seinem Langstock an der Hauswand orientiert. Den ersten auf dem Gehweg abgestellten Roller habe noch er wahrgenommen. Jedoch trat er auf den zweiten als er den ersten übersteigen wollte. Infolgedessen stolperte der Fußgänger und stürzte so, dass er dabei schwere Verletzungen erlitt. Im Rechtsstreit verlangte er Schmerzensgeld in Höhe von mindestens 20.000 €. Für ihn sei es nicht erkennbar gewesen, dass es sich um zwei und nicht nur um einen Roller gehandelt habe.
Ausschluss – Keine Halterhaftung bei Elektrokleinstfahrzeugen
Das Oberlandesgericht Bremen befand, dass es keine verschuldensunabhängige Halterhaftung des beklagten Rollervermieters gebe. Die Höchstgeschwindigkeit der E-Roller liege bei 20 km/h, sodass sie daher gemäß § 1 Elektrokleinstfahrzeuge-Verordnung (eKFV) als Elektrokleinstfahrzeuge zu qualifizieren seien. Gemäß § 8 Nr. 1 StVG scheide für solche Fahrzeuge eine Gefährdungshaftung des Halters aus § 7 StVG aus.
Liegt ein Verstoß gegen die Verkehrssicherungspflichten der Rollervermieters vor?
Wird eine Straße über den Allgemeingebrauch hinaus genutzt, hat das Ordnungsamt dies zu erlauben. In der dafür erlassenen Sondernutzungserlaubnis hatte es unter anderem Folgendes festgelegt:
- „Bei der Auswahl der Standorte sowie beim Aufstellen der Fahrzeuge hat die Erlaubnisinhaberin die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs zu gewährleisten. Die Belange von Senioren, Kindern und Menschen mit Behinderung sind dabei besonders zu berücksichtigen.“
- „Werden Fahrzeuge durch die Erlaubnisinhaberin aufgestellt oder umverteilt, muss am neuen Standort eine Restgehweite von 1,50 Meter verbleiben; das Aufstellen von Fahrzeugen an öffentlichen Fahrradabstellanlagen bzw. Radständern ist untersagt.“
Der Rollervermieter habe weder gegen die Verkehrssicherungspflichten, die sich aus der Sondernutzungserlaubnis ergeben, noch gegen allgemeine zivilrechtliche Rücksichtnahme- und Fürsorgepflichten gegenüber besonders schutzbedürftigen Menschen verstoßen.
Geltendmachung von Schadensersatz: GKS Rechtsanwälte helfen bei der Durchsetzung Ihrer Ansprüche
Die Benutzung von E-Rollern wird immer populärer. Diese werden jedoch nicht immer sachgerecht abgestellt, wodurch es immer häufiger zu Unfällen kommt. Das Urteil zeigt, dass immer eine Einzelfallabwägung vorgenommen werden muss. Bei Verstößen gegen Verkehrssicherungs-, Rücksichtnahme- oder Fürsorgepflichten entsteht möglicherweise ein Schadensersatzanspruch. Um Ihre Rechte bestmöglich durchzusetzen, sollte stets ein fachkundiger Anwalt eingeschaltet werden. Unsere Rechtsanwältin Charleen Pfohl hilft Ihnen gerne dabei, Ihre Rechte durchzusetzen. Kontaktieren Sie uns gerne telefonisch (0202 245 67 0) oder direkt über die unverbindliche Online-Beratung.
Hinweis: Der Inhalt dieses Rechtstipps ist zum Zeitpunkt seiner Veröffentlichung aktuell. Da sich sowohl Gesetze als auch Rechtsprechung schnell ändern können, kontaktieren Sie bei Fragen bitte den zuständigen Anwalt.