Erbe zu früh ausgeschlagen – Wann ist eine Anfechtung der Erbausschlagung möglich?

Datum

23.09.2024

Art des Beitrags

Rechtstipp

Erbt eine Person, so muss sie den Nachlass nicht annehmen, sondern kann das Erbe auch ausschlagen. Dies kann beispielsweise sinnvoll sein, wenn statt Vermögen nur Schulden vererbt werden. In einem kürzlich vor dem Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt verhandelten Fall, schlug die erbende Tochter ebenfalls das Erbe aus. Später stellte sich heraus, dass ihre verstorbene Mutter doch mehr Geld auf dem Konto hatte, als erwartet. Es kam sodann die Frage auf, ob die Erbausschlagung rückgängig gemacht werden konnte (Beschl. v. 24.07.2024, Az. 21 W 146/23).

Erbe der alkoholkranken Mutter zu früh ausgeschlagen?

In dem aktuellen Fall hatte die erbende Tochter seit ihrer Kindheit keinen Kontakt mehr zu ihrer alkoholkranken Mutter. Als sie über den Tod ihrer Mutter in einer verwahrlosten Wohnung im Bahnhofsviertel informiert wurde, schlug sie das Erbe zunächst aus. Sie ging dabei davon aus, ihre Mutter sei „abgerutscht“ und hätte „im sozialen Brennpunkt gelebt“.

Durch ein Schreiben eines Nachlasspflegers erfuhr die Tochter später, dass ihre Mutter über Kontoguthaben im oberen fünfstelligen Bereich verfügte. Daraufhin erklärte sie die Anfechtung der Erbausschlagung und beantragte einen Erbschein. Dieser wurde ihr jedoch vom Nachlassgericht mit der Begründung versagt, dass die Anfechtung unwirksam sei. Dagegen erhob die Tochter Beschwerde vor dem OLG Frankfurt.

OLG Frankfurt: Tochter konnte Erbausschlagung anfechten

Die Richter des OLG Frankfurt entschieden, dass die Tochter die Ausschlagung anfechten konnte, da sie fälschlicherweise von einer Überschuldung ausgegangen sei. Die Tochter habe sich über die konkrete Zusammensetzung des Nachlasses geirrt und erlag daher einem sog. Eigenschaftsirrtum. Ein solcher Irrtum sei beachtlich, wenn der Erbe die Zusammensetzung des Erbes aufgrund falscher Vorstellungen im Ergebnis unzutreffend bewertet hat. Entscheidend sei vorliegend, dass die Tochter sich nicht nur über die Höhe des Erbes irrte, sondern insbesondere von dem Vorhandensein der Guthaben auf dem Konto der Mutter nichts wusste.

Anfechtung einer Erbausschlagung nicht immer möglich!

Die Richter des OLG Frankfurt führten zudem aus, dass eine Anfechtung nicht in jedem Fall möglich sei. Es komme entscheidend darauf an, dass die Tochter vorliegend – aufgrund der ihr bekannten Informationen hinsichtlich der Lebensumstände und Vermögensverhältnisse ihrer Mutter – über die Zusammensetzung des Erbes irrte. Die Anfechtung der Erbausschlagung wäre insbesondere nicht möglich gewesen, wenn die Tochter ihre Entscheidung spekulativ getroffen hätte, also aufgrund von reinen Vermutungen hinsichtlich der Zusammensetzung des Erbes.

Fachanwalt für Erbrecht: Jeder Einzelfall ist anders und bedarf juristischer Prüfung

Immer wieder kommt es zu Streitigkeiten rund um das Erbe und Erbausschlagungen. Die Rechtsprechung hierzu ist kompliziert und zeigt deutlich, dass es stets auf den Einzelfall ankommt. Daher ist es ratsam, sich im Erbfall bei juristischen Fragen und Anliegen an einen fachkundigen Rechtsanwalt zu wenden. Unser Rechtsanwalt und Fachanwalt für Erbrecht Andreas Jäger steht Ihnen gerne Rede und Antwort. Kontaktieren Sie uns schnell und unkompliziert über die unverbindliche Online-Beratung oder rufen Sie uns an (0202 24 56 70).

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Andreas Jäger

Rechtsanwalt und Mediator, Fachanwalt für Familienrecht, Fachanwalt für Erbrecht

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Hinweis: Der Inhalt dieses Rechtstipps ist zum Zeitpunkt seiner Veröffentlichung aktuell. Da sich sowohl Gesetze als auch Rechtsprechung schnell ändern können, kontaktieren Sie bei Fragen bitte den zuständigen Anwalt.

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