Wildunfall – welche Besonderheiten gibt es zu beachten?
Datum
13.10.2020
Art des Beitrags
Rechtstipp
Immer wieder kommt es vor, dass ein wildes Tier die Fahrbahn kreuzt. Dies kann nicht nur einen beachtlichen Schaden hervorrufen, sondern auch lebensbedrohlich für Tier und Mensch sein. Ebenfalls stellt sich die Frage, wer in diesem Fall für den entstandenen Schaden aufkommen muss. Bei Wildunfällen ist zudem die Rechtsprechung uneinheitlich, sodass es wichtig ist, juristische Feinheiten zu kennen und rechtlichen Rat einzuholen.
Fünf Prozent aller Verkehrsunfälle sind Wildunfälle
Laut dem Statistischen Bundesamt gab es im Jahr 2019 rund 270.000 Unfälle mit Tieren auf deutschen Straßen. Dabei wurden 2.500 Menschen verletzt und der Deutsche Jagdverband (DJV) meldet mehr als eine Million tote Tiere infolge von Unfällen. Am häufigsten kollidieren Autos laut DJV mit Rehen und Wildschweinen.
Was im Falle eines Wildunfalls zu tun ist
Wenn es zu einer Kollision mit einem Tier kommt, sollte zunächst die Unfallstelle gesichert und die Polizei informiert werden. In einigen Bundesländern ist es darüber hinaus erforderlich, einen Jäger zu kontaktieren. Dieser kann dann – auch wichtig für die Versicherung – eine sogenannte Wildschadenbescheinigung ausstellen. Sofern das Tier bereits tot ist, sollte es von der Fahrbahn entfernt werden - allerdings nur unter Verwendung von Handschuhen, um die Übertragung von Krankheiten oder Parasiten zu vermeiden. Lebt das Tier hingegen noch und ist verwundet, so sollte von Rettungsversuchen abgesehen werden. Das Tier könnte sich bedroht fühlen und den Helfer als Angreifer betrachten und verletzen. Eine Entfernung vom Unfallort ohne vorherige Anzeige des Unfalls ist nicht zu empfehlen und kann unter Umständen als Wilderei eingestuft und strafrechtlich geahndet werden. Im Übrigen haben Autofahrer nicht für die Kosten einzustehen, die für die Beseitigung des Tierkadavers aufzubringen sind.
Welche Versicherung für den Schaden aufkommt
Der Schaden am Fahrzeug kann über eine Teil- oder Vollkaskoversicherung ersetzt werden. Bei einer Teilkaskoversicherung werden Schäden am Fahrzeug ersetzt, welche durch einen Zusammenstoß des bewegten Fahrzeugs mit sogenanntem Haarwild entstehen. Unter diese Art von Wild fallen gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 Bundesjagdgesetz (BJagdG) unter anderem Rehe, Hirsche, Füchse, Wildschweine, Pferde, Ziegen und Rinder. Unfälle mit Wildvögeln sind von der Ersatzpflicht ausgeschlossen, ebenso wie Unfälle zwischen Wild und stehenden Fahrzeugen. Rechtlich umstritten ist, ob auch Unfälle mit toten Tieren von der Teilkaskoversicherung gedeckt sind. Bei der Vollkaskoversicherung sind dagegen sämtliche Schadensarten abgedeckt.
Ausweichmanöver – erhalte ich die Kosten ersetzt?
Auch hier sind die Gerichte keineswegs einer Meinung. In einem Fall des Landgerichts Stuttgart wurde einem Fahrer von der Teilkaskoversicherung ein Aufwendungsersatz zugesprochen. Dieser hatte wegen eines auf der Fahrbahn liegenden Wildschweines ein Ausweichmanöver eingeleitet, woraufhin der Beifahrer-Airbag auslöste und infolgedessen erneuert werden musste. Das LG Stuttgart begründete den Aufwendungsersatzanspruch damit, dass sich die spezifische Tiergefahr realisierte. Nach Ansicht des LG Stuttgart mache es keinen Unterschied für das Überraschungsmoment, ob das Tier tot auf der Fahrbahn liege oder sie kreuze (LG Stuttgart, Urteil vom 7.2.2007, Az.: 5 S 244/06).
Ganz anders entschied in Bayern hingegen das Oberlandesgericht München, welches einem Fahrer einen Ersatz beim Überfahren eines toten Tierkadavers nicht zubilligte, weil hier die spezifische Tiergefahr nicht realisiert wurde (OLG München, Urteil vom 15.1.1986, Az.: 10 U 4630/85).
Mitverschulden bei abruptem Bremsen!
Sollte es zu einem Auffahrunfall kommen so hat sich der Fahrer bei Kleintieren in der Regel ein Mitverschulden anrechnen zu lassen. Gemäß § 4 Straßenverkehrsordnung (StVO) ist ein starkes Bremsen nur bei Vorliegen eines zwingenden Grundes erlaubt. Ein zwingender Grund liegt vor, wenn es um die Abwendung einer plötzlichen ernstlichen Gefahr für Leib, Leben und bedeutende Sachwerte geht. Ist die Kollision aufgrund der Größe des Tieres nicht gefährlich für das Fahrzeug, so besteht ein zwingender Grund nicht. Ein solcher Fall wird häufig bei einer Kollision mit Kleintieren angenommen. Kleintiere sind beispielsweise Eichhörnchen, Hasen, Kaninchen, Igel oder Katzen. Bis zur Größe eines Fuchses wird ein Bremsvorgang abzulehnen sein. Sollte der Fahrer hingegen einen nicht nur unbedeutenden Schaden an sich oder seinem Auto riskieren, so darf er einen starken Abbremsvorgang einleiten. Allerdings muss beachtet werden, dass wegen einer starken Bremsung in den meisten Fällen der Vordermann zu 25% für den Schaden des auffahrenden Hintermannes mithaftet.
GKS Rechtsanwälte aus Wuppertal: schnelle Hilfe bei Wildunfällen
Wildunfälle sind heute keine Ausnahme mehr. Die Rechtsprechung ist unregelmäßig, die einschlägigen Normen abstrakt formuliert. Um bei der bürokratischen Abwicklung von Wildunfällen alles richtig zu machen und nicht auf etwaigen Schäden sitzen zu bleiben, sollte nach einem Wildunfall schnellstmöglich juristischer Rat eingeholt werden. Unsere qualifizierte Rechtsanwältin für Verkehrsrecht Charleen Pfohl steht Ihnen bei allen Fragestellungen rund um Verkehrsunfälle gerne zur Seite. Schreiben Sie uns einfach über die unverbindliche Online-Beratung oder rufen Sie uns an!
Hinweis: Der Inhalt dieses Rechtstipps ist zum Zeitpunkt seiner Veröffentlichung aktuell. Da sich sowohl Gesetze als auch Rechtsprechung schnell ändern können, kontaktieren Sie bei Fragen bitte den zuständigen Anwalt.