Getrennt lebende Eltern haben Anspruch auf die gleiche Zeit mit dem Kind – allerdings nur unter einer Voraussetzung

Datum

24.03.2017

Art des Beitrags

Rechtstipp

Das sogenannte „Wechselmodell“, welches die abwechselnde Betreuung eines Kindes ermöglicht, kann nun auch gegen den Willen des anderen Partners durchgesetzt werden – sofern das Wohl des Kindes nicht darunter leidet. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) neulich entschieden (Az. XII ZB 601/15).


Nicht selten entfacht nach einer Trennung ein Streit darüber, wer das Sorgerecht in welchem Umfang für das gemeinsame Kind oder die gemeinsamen Kinder übernehmen darf.  Als eine mögliche Lösung dieses Konfliktes hat der BGH nun eine neue Methode zur Betreuung von Trennungskindern vorgestellt. Das „Wechselmodell“ ermöglicht beispielsweise, dass eine Woche die Mutter das Kind betreut und die darauf folgende Woche der Vater für die Betreuung zuständig ist. Bisher war in Deutschland das sogenannte „Residenzmodell“ eher gängig, bei welchem das Kind grundsätzlich bei einem Elternteil lebt und nur an jedem zweiten Wochenende oder in einem anderen festen Rhythmus den anderen Elternteil besucht. Für die konkrete Anordnung einer abwechselnden Betreuung durch Mutter und Vater fehlte bisher, besonders wenn sich die Eltern nicht einig waren, eine rechtliche Grundlage, die der BGH nun geschaffen hat.

Voraussetzung: Wohl des Kindes bleibt unberührt

Doch das „Wechselmodell“ ist laut den Richtern am BGH nur dann möglich, wenn die neuartige Betreuungsmethode dem Wohl des Kindes im Vergleich zu den alternativen und herkömmlichen Modellen nicht schadet. Die Wahrung des Kindeswohls ist beispielsweise dann problematisch, wenn die Ex-Partner stark zerstritten sind oder die Entfernung der beiden Wohnorte zu weit ist. Dann wäre das Kind entweder den Streitigkeiten zwischen den Eltern ausgesetzt oder es würden unzumutbare Fahrtzeiten und möglicherweise auch zusätzliche Kosten auf das Kind zukommen.

Auch das Kind selbst spielt bei der Familiengerichtsentscheidung zum Sorgerecht eine wichtige Rolle. Je älter das Kind ist, desto entscheidungserheblicher wird auch dessen Wille; in jedem Fall muss das Kind vor dem Gericht angehört werden. Wünsche und Vorlieben des Kindes zur Mutter oder zum Vater sind dann mit in die Entscheidung zu den Umgangsregelungen einzubeziehen; besonders bei schon fortgeschrittenem Alter des betroffenen Kindes.

Neue Möglichkeiten nutzen

Die Entscheidung des BGH eröffnet neue Möglichkeiten für alle Mütter oder Väter, die getrennt von ihrem Ex-Partner leben und ein oder mehrere Kinder haben. Sie haben jetzt die Möglichkeit, auch gegen den Willen des Ex-Partners an der Betreuung ihres Kindes gleichermaßen beteiligt zu werden, wenn die Voraussetzungen stimmen.
Dadurch, dass kein Schwerpunkt der Betreuung mehr auf einem Elternteil liegt, bedeutet das für Eltern konkret eine gleichermaßen große und ausgewogene Chance, Berufstätigkeit und Kindererziehung bestmöglich zu vereinen.


Falls bei Ihnen nach einer Trennung die Regelung von Umgangs- oder Sorgerecht eines gemeinsamen Kindes ansteht oder Sie prüfen lassen wollen, inwiefern das Wechselmodell in Ihrem konkreten Fall möglich ist, beraten Sie unsere Fachanwälte für Familienrecht gerne. Vereinbaren Sie telefonisch einen Beratungstermin oder schildern Sie uns Ihr Anliegen in unserer unverbindlichen Online-Beratung.

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Andreas Jäger

Rechtsanwalt und Mediator, Fachanwalt für Familienrecht, Fachanwalt für Erbrecht

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