Weitreichende Gesetzeslücke: Vorlage gefälschter Impfausweise nicht unbedingt strafbar

Datum

17.11.2021

Art des Beitrags

Rechtstipp

Das Fälschen eines Impfausweises ist ein sogenanntes Sonderdelikt und nicht zwangsläufig eine Straftat. So ist die Vorlage eines falschen Impfausweises bei einer Apotheke zum Erhalt eines digitalen Impfzertifikats nicht strafbar, denn Apotheken fehlt die erforderliche Behördeneigenschaft gem. §§ 277, 279 StGB. Ferner sind nach § 75a Abs. 2 Nr. 1 des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) nur fälschende Fachleute strafbar. Dies entschied das Landgericht Osnabrück in einem kürzlich ergangenen Beschluss (Beschluss v. 26.10.2021, Az. 3 Qs 38/21).

Ungeimpfter legte gefälschten Impfausweis in Apotheke vor

Das Landgericht hatte sich vorinstanzlich mit einem zunächst skurril wirkenden Sachverhalt zu beschäftigen: Der Beschuldigte legte einer Apotheke einen gefälschten Impfausweis vor. Er erhoffte sich die Ausstellung eines digitalen Impfpasses zur privaten Nutzung. Der Apotheker schöpfte allerdings Verdacht und kontaktierte anschließend die örtliche Polizeibehörde. Die Polizei bestätigte die Unechtheit des Impfausweises – der Beschuldigte äußerte infolgedessen, er wolle sich keinesfalls impfen lassen, die Vorteile eines vollständig Geimpften allerdings trotzdem für sich beanspruchen. Er räumte ein, dass er das Dokument vorsätzlich vorlegte, um ein digitales Zertifikat über eine nicht erfolgte Impfung zu erhalten.

Polizei beschlagnahmte Impfausweis: Vorlage von falschem Impfausweis als strafbare Handlung?

Die Polizei beschlagnahmte das mutmaßlich gefälschte Dokument – das zuständige Amtsgericht lehnte jedoch eine gerichtliche Bestätigung dieser Maßnahme ab. Das LG Osnabrück entschied daraufhin ebenfalls, dass die polizeilich durchgeführte Beschlagnahme eine strafbare Handlung voraussetze. Da eine solche in diesem Fall nicht vorliege, sei die Konfiszierung des Dokuments rechtswidrig erfolgt.

Vorlage gefälschter Gesundheitszeugnisse im Privatbereich sind nicht strafbar

Nach den §§ 277, 279 StGB macht sich strafbar, wer einer Behörde oder Versicherungsgesellschaft ein gefälschtes Gesundheitszeugnis vorlegt, um diese über seinen Gesundheitszustand zu täuschen. Das LG entschied, dass der Impfpass zwar ein gefälschtes Gesundheitszeugnis darstelle, die Apotheke aber zweifelsohne keine Behörde im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 2c StGB sei. Eine Apotheke stelle lediglich ein rein privates Unternehmen außerhalb staatlicher Verwaltung dar.

Allgemeine Regelungen nicht anwendbar: Weitgehende Strafbarkeitslücke für gefälschte Impfausweise

Nach Auffassung des LG sei auch ein Rückgriff auf die allgemeinen Regelungen zur Urkundenfälschung nach § 267 StGB nicht möglich. Zudem komme eine Strafbarkeit nach § 75a Abs. 2 Nr. 1 IfSG nicht in Betracht, da dieser Tatbestand nur durch einen Arzt erfüllt werden könne. Eine Privatperson könne gegen diese Vorschrift daher nicht verstoßen. Somit bestehe eine Strafbarkeitslücke, welche einzig und allein durch den Gesetzgeber geschlossen werden könne.

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Das LG wies deutlich darauf hin, dass die Sicherstellung des gefälschten Impfausweises zulässig wäre, da von dem Gebrauch eine gegenwärtige Gefahr für die Gesundheit der Allgemeinheit ausgehe. Zur Thematik der Impfpassfälschung existiert bis dato noch keine höchstrichterliche Rechtsprechung, beispielsweise vom Bundesgerichtshof. Dies erhöht im Falle eins einschlägigen Ermittlungsverfahrens die Chancen, mittels einer qualifizierten und überlegten juristischen Verteidigung eine mildere Strafe, eine Verfahrenseinstellung oder gar einen Freispruch zu erwirken. Unser Rechtsanwalt für Strafrecht Daniel Junker berät Sie gerne in Ihrem individuellen Fall. Schicken Sie uns eine detaillierte Schilderung Ihres Falles über die unverbindliche Online-Beratung oder rufen Sie uns an!

Daniel Junker

Rechtsanwalt, Fachanwalt für Arbeitsrecht

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