Neue EU-Erbrechtsverordnung: Einheitliche Regelung in internationalen Erbfällen

Datum

15.10.2012

Art des Beitrags

Rechtstipp

Bereits im Juni dieses Jahres hat sich der Rat der EU-Justizminister dazu entschieden, die bisher bestehende Rechtsunsicherheit bei Erbfällen mit grenzüberschreitendem Bezug innerhalb der EU zumindest schrittweise einzudämmen. Die Tatsache, dass bislang jeder EU-Mitgliedsstaat individuell in seinem nationalen Erbrecht die Modalitäten für Erbfälle ausgestalten konnte, führte gerade in Fällen, in denen beispielsweise Immobilien in verschiedenen Staaten hinterlassen wurden, zu ungerechten und undurchsichtigen Verhältnissen. Der Grund: Durch die uneinheitlichen Regelungen konnte es in einem Erbfall dazu kommen, dass gleichzeitig die Erbrechtsgesetze mehrerer Staaten anwendbar waren.

Was hat sich wesentlich geändert?

Im Grundsatz trifft die EU-Erbrechtsverordnung eine wichtige Entscheidung für Erblasser und Erben: Laut dem Bundesministerium der Justiz soll fortan in aller Regel in einem Erbfall das Recht des Staates angewendet werden, in dem der Erblasser seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt hatte.
Dies bedeutet, dass sich Erblasser und Erben an dem jeweiligen Erbrecht des EU-Mitgliedsstaates orientieren können (und müssen), in dem der Erblasser seinen letzten Lebensmittelpunkt, in der Regel also den letzten dauerhaften Aufenthalt, hatte.

Zum Vergleich ein konstruierter Beispielsfall nach altem Recht: Eine über Europa verteilte Familie erleidet einen Erbfall in den Niederlanden woraufhin sich die Erben in Deutschland, Schweden und Österreich über das Erbe – unter anderem Immobilien in den Niederlanden und Frankreich – streiten. Über die Fragen, wer überhaupt Erbe wird, welche Höhe Erbteile oder Pflichtteile haben, welche Formvorschriften für Testamente gelten und auf welche Weise Erben ihre Rechte nachweisen können, treffen die Gesetze der beteiligten Staaten mitunter ganz unterschiedliche Regelungen, deren Rechtsfolgen in der gebotenen Kürze eines Artikels gar nicht beschrieben werden können. Eine Folge allerdings lässt sich beschreiben: Das Verfahren zieht sich auf Grund der unterschiedlichsten Positionen über die Maßen in die Länge und führt im Endeffekt zu einem Ergebnis, von dem niemand so Recht weiß, ob es tatsächlich richtig ist.

„Europäisches Nachlasszeugnis“ erleichtert die Beweislage enorm – Regelung ab 2015

Eine weitere wesentliche Änderung liegt in der Einführung des so genannten „Europäischen Nachlasszeugnisses“. Mit dem vereinheitlichten Nachweis, der in allen teilnehmenden Mitgliedsstaaten Anerkennung findet, können Erben und Testamentsvollstrecker Rechtspositionen ab Inkrafttreten der Verordnung nun beweisen, ohne sich jeweils um die nationalen Dokumente kümmern zu müssen.

Mit Ausnahme von Dänemark, Irland und Großbritannien beteiligen sich sämtliche EU-Mitgliedsstaaten an der neuen Erbrechtsverordnung. Wichtig ist dabei, dass das jeweilige nationale Erbrecht durch die Neuerungen keine Änderungen erfährt – Erbfälle, in denen Erblasser und Erben ihre Lebensmittelpunkte sämtlich und ausschließlich in Deutschland haben, werden daher auch künftig nur nach dem deutschen Erbrecht behandelt.
Um sich auf die neuen Regelungen und die damit verbundenen Abläufe einzustellen, ist den EU-Mitgliedsstaaten eine Übergangszeit bis ins Jahr 2015 eingeräumt worden.

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Andreas Jäger

Rechtsanwalt und Mediator, Fachanwalt für Familienrecht, Fachanwalt für Erbrecht

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