Bundesverfassungsgericht kippt alleiniges Sorgerecht nichtverheirateter Mütter

Datum

24.07.2016

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Rechtstipp

In einem Grundsatzurteil hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) in Karlsruhe kürzlich die gesetzlichen Regelungen, die unverheirateten Vätern bislang lediglich dann ein Sorgerecht für ein gemeinsames Kind zubilligten, wenn die Mutter ihre Zustimmung gab, für verfassungswidrig erklärt.
In einem Beschluss vom 21. Juli 2010 (Aktenzeichen 1 BvR 420/09) hat das höchste deutsche Verfassungsgericht damit den Vorrang des mütterlichen Sorgerechts gekippt und mit einem Verweis auf das Elternrecht beider Elternteile die Rechte unverheirateter Väter gestärkt.

Vater klagte erfolgreich auf gemeinsames Sorgerecht

Im Ausgangsfall, der das Bundesverfassungsgericht zu seiner Entscheidung führte, hatte eine Mutter aus Nordrhein-Westfalen dem Vater das gemeinsame Sorgerecht für den nichtehelich geborenen Sohn verweigert. Der Vater, der die Vaterschaft für seinen Sohn anerkannt hatte, beantragte bei dem zuständigen Familiengericht die Übertragung des gemeinsamen Sorgerechts für das Kind auf ihn. Das Familiengericht jedoch berief sich auf die geltende gesetzliche Regelung, dass eine Übertragung des Sorgerechts grundsätzlich nur mit dem Einverständnis der Mutter des Kindes möglich sei – und lehnte die Anträge des Vaters ab.

Verweigerung des gemeinsamen Sorgerechts ist nicht mehr grundlos möglich

Die Klage des Vaters gegen diese Ablehnung ging schließlich bis vor das Bundesverfassungsgericht, welches ihm nun letztinstanzlich Recht gab. Mit seinem Entschluss hat das BVerfG sich an einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte aus dem Dezember des Jahres 2009 orientiert, welcher schon damals eine in der deutschen Regelung liegende ungerechtfertigte Benachteiligung unverheirateter Väter sah und diese rügte.
Das BVerfG sah es als nicht mit der Verfassung vereinbar an, dass die gemeinsame Sorge für ein Kind ohne die Möglichkeit einer gerichtlichen Überprüfung ausschließlich von der Entscheidung der Mutter abhängt – dies stelle einen tiefen Eingriff in das grundgesetzlich festgeschriebene Elternrecht des Vaters dar. Vielmehr stellte es darauf ab, dass eine gerichtliche Kontrolle am Maßstab des Kindeswohls zu erfolgen habe.

Dies bedeutet konkret: Solange der Vater die Vaterschaft anerkannt hat und die Übertragung des Sorgerechts dem Kindeswohl dient, kann ein Familiengericht nun auch unabhängig von der Entscheidung der Mutter dem nichtehelichen Vater das gemeinsame, in einigen Fällen sogar das alleinige  Sorgerecht zusprechen!


Wie nichteheliche Väter ihre Rechte geltend machen können

Das Urteil des BVerfG hat weitreichende Folgen für alle Eltern, die sich in einer ähnlichen Konstellation wie der im Ausgangsfall beschriebenen befinden. Zunächst einmal gibt es dem Gesetzgeber den Auftrag, ein neues, der Verfassung entsprechendes Gesetz zu formulieren und auf den Weg zu bringen. Bis dahin müssen Familiengerichte dem Urteil des Verfassungsgerichts entsprechend handeln. Damit hat eine Vielzahl nichtehelicher Väter nun die Chance, ihr Elternrecht und damit ihr Sorgerecht von einem Familiengericht neu beurteilen zu lassen.

Hilfe eines Rechtsanwalts erhöht die Chancen eines erfolgreichen Antrages

Allerdings sollte dies gut vorbereitet werden! Das Urteil des BVerfG stellt keineswegs einen „Freifahrtsschein“ für nichteheliche Väter dar. Noch immer müssen Gründe des Kindeswohls für die Übertragung des Sorgerechts sprechen, damit ein entsprechender Antrag beim Familiengericht auch Erfolg haben kann. Die Hilfe eines auf das Familienrecht spezialisierten Rechtsanwalts, der sich gerade mit der Darlegung von Gründen rund um den sehr unbestimmten Begriff des „Kindeswohls“ vor Familiengerichten auskennt, vermag die Chancen eines erfolgreichen Antrages zu erhöhen.

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Andreas Jäger

Rechtsanwalt und Mediator, Fachanwalt für Familienrecht, Fachanwalt für Erbrecht

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