Fahrverbot nach Handyverstoß – ist das rechtens?

Datum

27.09.2019

Autor

GKS Rechtsanwälte

Art des Beitrags

Rechtstipp

Unter einen sogenannten Handyverstoß im Straßenverkehr fallen gemäß § 23 Abs. 1a StVO neben Smartphones und anderen Handys auch sämtliche elektronischen Geräte, die der Information, Kommunikation oder Organisation dienen. Dazu gehören beispielsweise auch MP3-Player, Tablet-Computer und mobile Navigationssysteme. Voraussetzung für einen Verstoß ist, dass das jeweilige Gerät zur Benutzung - also etwa zum Einschalten des Bildschirms oder für eine längere Blickzuwendung - aufgenommen oder gehalten wird, während der Motor läuft oder zumindest betriebsbereit ist (Start-Stopp-Automatik). Ein bloßes Halten oder Umlagern des Gerätes ohne tatsächliche Benutzung während der Fahrt ist hingegen grundsätzlich erlaubt. Jede Zuwiderhandlung gegen die Vorschrift stellt eine Ordnungswidrigkeit dar und wird seit einer Verschärfung der Bußgeldvorschrift Ende 2017 mit 100 Euro Geldbuße und einem Punkt im Fahreignungsregister in Flensburg bestraft. Ein Fahrverbot ist für einen solchen Verstoß im Normalfall nicht vorgesehen.

Dennoch kann für die Benutzung des Mobiltelefons oder eines anderen Gerätes während der Fahrt in bestimmten Fällen auch ein Fahrverbot verhängt werden wie ein neuer Beschluss des Bayerischen Obersten Landesgerichts (Az.: 202 ObOWi 96/19) zeigt. Voraussetzung dafür ist grundsätzlich, dass man wiederholt bei der Begehung von Ordnungswidrigkeiten erwischt wurde. Es kommt demnach nicht unbedingt darauf an, dass man mehrmals gerade aufgrund eines Handyverstoßes aufgefallen ist. Vielmehr können unter Umständen auch Geschwindigkeitsüberschreitungen, Abstandsverstöße und andere Ordnungswidrigkeiten Grundlage für die „zusätzliche“ Verhängung eines Fahrverbotes außerhalb des Regelfalles sein.

Hintergrund: In manchen Fällen wird von Gerichten oder Behörden angenommen, dass einem Fahrer die „rechtstreue Gesinnung“ und die „notwendige Einsicht“ zur sicheren Teilnahme am Straßenverkehr fehlt. Dann besteht die Möglichkeit, die Geldbuße zu verdoppeln und/oder zusätzlich ein Fahrverbot zu verhängen.

Wichtiger Anknüpfungspunkt: Beharrlichkeit

Juristisch gesehen kommt es für die Rechtmäßigkeit eines solchen Fahrverbotes bei einem Handyverstoß darauf an, ob die Ordnungswidrigkeit „unter beharrlicher Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers“ begangen wurde. Beharrlich ist eine Verletzung dann, wenn Verkehrsvorschriften aus mangelnder Rechtstreue verletzt werden. Bei der Beurteilung der mangelnden Rechtstreue eines Kraftfahrzeugführers kommt es auf viele Einzelheiten an. Wichtig ist besonders der zeitliche Abstand der zuvor begangenen Ordnungswidrigkeiten. Nur wenn mehrere Verstöße innerhalb eines kurzen Zeitraums erfolgen, kann angenommen werden, dass beim Fahrer keine Einsicht vorhanden ist und tatsächlich ein Fahrverbot verhängt werden.

Auch hier gilt: Eine gute Verteidigung kann Fahrverbote verhindern

Der Fall vor dem Bayerischen Obersten Landesgericht verdeutlicht wie wichtig eine fundierte Verteidigung in Ordnungswidrigkeitsangelegenheiten sein kann, um drohende Punkte oder ein Fahrverbot abzuwenden. Ein erfahrener Rechtsanwalt auf diesem Gebiet kann Sie häufig vor einer Verurteilung bewahren oder zumindest die Folgen abschwächen, wenn Vorwürfe beispielsweise gänzlich unbegründet oder nur unzureichend dokumentiert sind. Besonders für Autofahrer, die auf ihren Führerschein (beruflich) dringend angewiesen sind, ist eine schnelle und detaillierte Überprüfung des Vorwurfs einer Ordnungswidrigkeit durch einen qualifizierten Verteidiger oftmals unumgänglich.

Handyverstöße bieten generell gute Verteidigungsmöglichkeiten

Bei Verfahren, die einen Handyverstoß zum Gegenstand haben, kommt es immer darauf an, ob sich der Beamte noch an den einzelnen Vorfall erinnern kann und was er dazu bei Gericht vortragen kann. Häufig ist es hier so, dass die Prozesse erst etwa ein Jahr oder noch länger nach dem eigentlichen Verstoß stattfinden, sodass die Beamten oftmals keine oder nur sehr schwache Erinnerungen an den lange zurück liegenden Einzelfall haben. Derartige Verfahren müssen dann in aller Regel zugunsten des Beschuldigten eingestellt werden.

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