ESO ES 3.0 – Urteil: Messfehler können einfacher von Sachverständigen herausgefunden werden

Datum

20.10.2014

Autor

GKS Rechtsanwälte

Art des Beitrags

Rechtstipp

Von einer gültigen Fahrerlaubnis hängen bisweilen ganze Existenzen ab: Wer beruflich auf ein Fahrzeug angewiesen ist, könnte, wenn er zu schnell „erwischt“ wird, seinen Job und damit seine Lebensgrundlage verlieren.
„Selbst Schuld“ wird der ein oder andere Außenstehende sagen: „Wäre er nicht zu schnell gefahren, dann hätte er seinen Führerschein eben noch…“. Doch dies ist nur die halbe Wahrheit! Nach einer aktuellen Statistik des renommierten Sachverständigenbüros VUT in Püttlingen sind über 50% aller Geschwindigkeitsmessungen mit solchen Fehlern behaftet, dass sie einem gerichtlichen Verfahren nicht standhalten würden. Im Klartext: Oftmals sind die Betroffenen gar nicht zu schnell gefahren – vielmehr hat das Messgerät falsche Werte ausgespuckt und die Messung dürfte gar nicht gegen den Fahrer verwendet werden!

Messdaten gehören nicht dem Hersteller!

Ein Messgerät, bei dem es regelmäßig zum Streit über die Verwertbarkeit der Daten kommt, ist das Gerät „ES 3.0“ der Firma ESO. Besonders pikant: Wollten Geblitzte sich bisher gerichtlich gegen die Messung verteidigen und die Rohmessdaten, die das Gerät generierte, von einem unabhängigen Sachverständigen überprüfen lassen, so war dies auf Grund einer werksseitigen Softwareeinstellung nicht möglich. Der Hersteller „ESO“ verhinderte mittels der verwendeten Software schlichtweg die Auswertung der Daten, um sich bei der Messwertbildung nicht in die Karten schauen zu lassen.

Betroffene Autofahrer und deren Rechtsanwälte gingen seither gegen diesen Missstand gerichtlich vor. Der Hintergrund: Wird einem Beschuldigten ein Geschwindigkeitsverstoß zur Last gelegt, so ist es rechtsstaatlich geboten, dass die Messwertbildung von unabhängigen Sachverständigen auf Fehler überprüft werden können muss.

Diese Frage war nun endlich auch Gegenstand eines Verfahrens vor dem Oberlandesgerichts Naumburg (AZ.: 6 U 3/14). Das erfreuliche Ergebnis: Die Richter des OLG teilten die grundsätzlichen rechtsstaatlichen Bedenken und stellten fest, dass die Messdaten nicht dem Hersteller des Gerätes, sondern den Polizeibehörden gehören, welche die Daten natürlich auch in einem gerichtlichen Verfahren sachverständig überprüfen lassen dürfen.

Urteil bietet ungeahnte Verteidigungsmöglichkeiten

Durch das neuerliche Urteil können betroffene Fahrzeugführer hoffen. Betrachtet man die auffällige Fehlerquote bei Geschwindigkeitsmessungen in Verbindung mit der neu gewonnenen Möglichkeit, die Rohmessdaten der Geräte von Sachverständigen der Verteidigung überprüfen zu lassen, so erweitert dies die Chancen, eine Messung als Fehlmessung zu entlarven, ungemein.

Die Kosten eines solchen Sachverständigengutachtens zahlen in aller Regel die Rechtsschutzversicherungen der Betroffenen, sodass hierfür keine Mehrkosten entstehen. Aber auch für nicht Rechtsschutzversicherte kann sich ein Gutachten lohnen: Stellt sich im Verfahren tatsächlich heraus, dass die Messung fehlerhaft war, so hat der Betroffene die Kosten auch nicht zu zahlen.

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