Ist ein Testament auf einem Bestellzettel wirksam?
Datum
27.03.2024
Art des Beitrags
Rechtstipp
Bei der Erstellung eines Testaments müssen bestimmte gesetzliche Formvorschriften eingehalten werden. Infolgedessen kommt es nicht selten zu Streitigkeiten rund um die Wirksamkeit des letzten Willens – gerade, wenn sich dieser auf einer ungewöhnlichen Schreibunterlage wiederfindet. So hatte auch das Oberlandesgericht (OLG) Oldenburg in einem Fall die Wirksamkeit eines Testaments auf einem Brauerei-Bestellzettel zu prüfen (Beschluss v. 20.12.2023, 3 W 96/23).
Testament auf einem Bestellzettel hinter der Theke einer Kneipe
Der in dem vorliegenden Fall verstorbene Erblasser und seine Partnerin betrieben gemeinsam eine Gaststätte. Nach Ableben des Erblassers beantragte seine Lebensgefährtin die Erteilung eines Erbscheins, der sie als alleinige Erbin ausweisen sollte. Das Testament, auf welches sie ihren Antrag stützt, fand sie hinter der Theke der Lokalität, zwischen offenen Rechnungen der Kunden. Es war handschriftlich auf einem Bestellzettel der Hausbrauerei verfasst. Darin wurde festgelegt, dass die Lebensgefährtin „einmal alles erben“ solle. Das Testament war zudem unterschrieben und mit einem Datum versehen. Das Nachlassgericht erteilte jedoch keinen Erbschein an die Partnerin, welche dagegen im Wege einer Rechtsbeschwerde vorging.
Nachlassgericht zweifelt an Ernsthaftigkeit: Welche Form gilt für ein Testament?
Als Grund für die Ablehnung wurde angeführt, dass sich aus den handschriftlichen Notizen auf dem Bestellzettel der Brauerei kein ernsthafter letzter Wille des Erblassers entnehmen lasse. Ferner spreche die Aufbewahrung zwischen diversen unbezahlten Rechnungen hinter dem Tresen einer Gaststätte gegen die Ernsthaftigkeit des Testaments. Somit seien die gesetzlichen Erben erbberechtigt und nicht die Lebenspartnerin.
Weitgehende Freiheit bei der Wahl der Schreibunterlage
Die Richter des OLG sahen dies im Rahmen der Rechtsbeschwerde anders. Zum einen sei der geäußerte Wille des Erblassers eindeutig als letzter Wille zu identifizieren, zum anderen sei die vom Erblasser gewählte Unterlage nicht maßgeblich für die Wirksamkeit des Testaments. Es sei vielmehr relevant, dass ein praxisnaher, brauchbarer Grad an Gewissheit vorliege, dass der letzte Wille vom Erblasser selbst verfasst und ernst gemeint sei.
Gültiges Testament – Letzter Wille auf Brauereizettel wirksam
Auch die Gesamtumstände sprechen laut der Richter für ein wirksames Testament. Der Erblasser hätte hinter der Theke der Gaststätte gerade für ihn wichtige Schriftstücke aufbewahrt. Da er ansonsten auch keinen großen Wert auf Formalien gelegt habe, sei es ferner nachvollziehbar, dass er den unmittelbar greifbaren Bestellblock benutzte.
Damit war die Rechtsbeschwerde erfolgreich, sodass das Nachlassgericht der Lebensgefährtin die Ausstellung des Erbscheins bewilligen muss.
Testamente auf ihre Wirksamkeit prüfen lassen – Rechtsanwalt in Wuppertal klärt auf
Bei der Auslegung von Testamenten und der Prüfung der Wirksamkeit kommt es stets auf den Einzelfall an. Es gibt jedoch viele rechtliche Hürden zu beachten. Daher sollte bei der Erstellung eines Testaments sowie im Erbfall ein fachkundiger Anwalt konsultiert werden. Unser Rechtsanwalt und Fachanwalt für Erbrecht Andreas Jäger steht Ihnen bei Fragen rund um das Erbe gerne zur Seite. Schildern Sie uns Ihren individuellen Fall über die unverbindliche Online-Beratung oder rufen Sie uns an (0202 245 67 0)!
Hinweis: Der Inhalt dieses Rechtstipps ist zum Zeitpunkt seiner Veröffentlichung aktuell. Da sich sowohl Gesetze als auch Rechtsprechung schnell ändern können, kontaktieren Sie bei Fragen bitte den zuständigen Anwalt.